Soziale Netzwerke sind gar ich immer so „sozial“. Sie bieten viele Möglichkeiten für Persönlichkeitsrechtsverletzungen. So genannte „Hasspostings“ sind auf Plattformen wie Facebook und Co längst keine Seltenheit mehr und können einen „Shitstorm“ auslösen, welcher die Betroffenen in ihren Rechten verletzt. Ein effektiver rechtlicher Rahmen für rasche Abhilfe ist dringend erforderlich. Die Regierung hat dazu ein Gesetzespaket auf den Weg gebracht. Es besteht aus drei Gesetzesvorhaben, die Anfang September dieses Jahres zur Begutachtung ausgesandt wurden. Die Begutachtungsfrist endet am 15.10.2020.  Welche straf- und medienrechtlichen Maßnahmen sollen nun zur Bekämpfung von Hass im Netz getroffen werden und was bedeutet dies für Nutzer und Diensteinhaber?

Abhilfe gegen Hass im Netz

Große Kommunikationsplattformen sollen mit dem neuen Kommunikationsplattformen-Gesetz (KoPl-G) dazu bewegt werden, von Nutzern gemeldete rechtswidrige Inhalte rasch und in transparenter Weise zu löschen oder zu sperren. Das betrifft nur Anbieter mit mehr als 100.000 registrierten Usern und mehr als 500.000 € Umsatz in Österreich. Forenbeiträge bei österreichischen Medienunternehmen und Wikipedia sind im Gesetz explizit ausgenommen. Betroffene Anbieter müssen ein wirksames und transparentes Melde- und Überprüfungsverfahren einrichten, mit dem offenkundig rechtswidrige Inhalte unverzüglich, spätestens aber innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Meldung, entfernt oder gesperrt werden können. In manchen Fällen ist eine detaillierte Prüfung notwendig, dann muss der Inhalt spätestens binnen sieben Tagen entfernt oder gesperrt werden.

Schutz ist auch gegen so genanntes „Overblocking“ vorgesehen. Das bedeutet, dass ein User das Recht haben soll, eine Überprüfung anzufordern, wenn er der Meinung ist, dass sein Kommentar oder Posting zu Unrecht gelöscht worden ist.

Die Plattformen müssen regelmäßig Berichte hinsichtlich der gemeldeten Persönlichkeitsrechtsverletzungen vorlegen. Diese Berichte müssen viermal im Jahr veröffentlicht und zudem „ständig und leicht auffindbar“ bereitgestellt werden.

Mit dem neuen Gesetz sollen die Diensteanbieter verpflichtet werden, einen verantwortlichen Beauftragten zu benennen. Dieser muss deutsch sprechen, für die Aufsichtsbehörde, die KommAustria, jederzeit erreichbar sein und eine verlässliche Zustellung an ihn muss auch über einen Zustelldienst möglich sein.

Was wird gelöscht?

Im Gesetz sind Tatbestände wie Nötigung, gefährliche Drohung, Beleidigung (nicht aber üble Nachrede), Verhetzung und Verstöße gegen das Verbotsgesetz taxativ aufgezählt. Nur diese gelten als rechtswidrige Eingriffe in diesem Zusammenhang. Bei diesen Straftatbeständen soll es sich um jene handeln, die typischerweise die Verbreitung von beleidigenden, diskriminierenden, verhetzenden und bedrohenden Inhalten über das Internet aufgreifen. Jene User, welche von der Sperre betroffen sind oder die Meldung vornehmen, müssen verständigt werden und können eine Überprüfung innerhalb von zwei Wochen verlangen. Mit den genannten Tatbeständen hat sich auch der OGH unlängst befasst. Betroffene haben gegen den Medieninhaber nämlich Anspruch auf eine Entschädigung für die erlittene Kränkung (veröffentlicht in OGH  15 Os 92/19x).

Weitere Neuerungen

Das neue zivilrechtliche Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz (HiNBG) beinhaltet Maßnahmen zur Stärkung des Persönlichkeitsrechtsschutzes in den materiell-rechtlichen Bestimmungen des ABGB und im Zivilprozessrecht. Was den Persönlichkeitsschutz betrifft, so gibt es schon Rechtsprechung, vor allem wurden Fragen der Einwilligung, Interessensabwägung und Übertragbarkeit bereits thematisiert. Die Änderungen im ABGB sollen dieser Rechtsprechung nun eine explizite gesetzliche Grundlage liefern.  Klarstellung verlangt auch die Frage, wer bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen klagen soll und wer geklagt werden kann. Eine wesentliche Neuerung ist, dass ein eigener Unterlassungsanspruch für den Arbeitgeber eingeführt werden soll. Dies ist erforderlich, wenn seine Rechtsposition beeinträchtigt ist, weil beispielsweise seine Mitarbeiter gravierenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen ausgesetzt sind, die Auswirkungen auf die Arbeitsleistung der betroffenen Mitarbeiter oder auf das Ansehen des Unternehmens haben. Durch den eigenen Unterlassungsanspruch kann der Arbeitgeber direkt gegen den Schädiger vorgehen und auf „Hasspostings“ sofort reagieren.

Die Neuerung betrifft auch die Zivilprozessordnung (ZPO). Dort wird ein neues Mandatsverfahren als Eilverfahren für Fälle von massiven Persönlichkeitsrechtsverletzungen zur Verfügung gestellt. Dieses soll ausschließlich in Rechtsstreitigkeiten über Klagen zur Anwendung kommen, in denen Ansprüche auf Unterlassung wegen Verletzung der Menschenwürde in einem elektronischen Kommunikationsnetz geltend gemacht werden. Damit ein Unterlassungsauftrag erlassen werden kann, genügt es allerdings, dass sich die behauptete Rechtsverletzung aus den Angaben in der Klage und einem Nachweis ableiten lässt. Als Nachweis kommt etwa ein Screenshot oder Link in Betracht. In besonders schwerwiegenden Fällen soll zukünftig sogar eine sofortige Vollstreckbarkeit dieses Unterlassungsauftrags möglich sein. Um das Verfahren zu beschleunigen und die Rechtsdurchsetzung zu vereinfachen, soll es ein elektronisches Formular geben. Außerdem soll das neue Mandatsverfahren in die Eigenzuständigkeit der Bezirksgerichte fallen, Anwaltspflicht gibt es keine.

Es war auch bisher schon möglich, dass von Diensteanbietern in bestimmten Fällen die Herausgabe von Namen und Adresse eines Nutzers verlangt werden konnte. Dies soll zukünftig im außerstreitigen Weg erfolgen (veröffentlicht in ÖJZ 2020/101).

Fazit: (Un)soziale Netzwerke bieten ein breites Spektrum für Rechtsverletzungen. Große Plattformen müssen „Hasspostings“ künftig schneller löschen und Berichte abliefern. Österreich versucht mit dem neuen Gesetzespaket die Verantwortung von Internetgiganten gesetzlich zu regeln. Die Begutachtungsfrist endet am 15.10.2020.

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