Soziale Netzwerke bieten ein großes Potential für Persönlichkeitsverletzungen, weil die Mitteilungen einfach gestaltet sind, nur flüchtig betrachtet werden und kurzen Aufmerksamkeitsregeln folgen. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat sich unlängst mit der Frage befasst, wann Persönlichkeitsrechte in solchen Kommunikationsforen verletzt sind und wie diese im Verhältnis zum Schutz der Meinungsfreiheit stehen.

Zum Sachverhalt

Der Beklagte veröffentlichte auf seinem Profil in einem sozialen Netzwerk (Facebook, Twitter) einen Beitrag, welcher das Profilbild und den Namen des Klägers enthielt. Mit dem Post wollte er auf ein an diesem Tag verkündetes Urteil Bezug nehmen, welches auch in sozialen Netzwerken ein dominierendes Gesprächsthema war. Er wollte seine Kritik daran zum Ausdruck bringen, dass die Mehrheit in diesem Land eine offenbar unzulängliche Gesetzeslage nicht ändert. Im Rahmen seiner Kritik verwendete der Beklagte bewusst das Bild des Klägers, bei welchem es sich um einen Politiker handelt. Das Bild diente zwar keinen wirtschaftlichen Zwecken und war auch nur wenige Minuten zu sehen, der Beklagte hatte jedoch zu diesem Zeitpunkt etwa 68.000 „Follower“ zu denen auch Journalisten, Politiker und politisch interessierte Menschen zählten. Daraufhin begehrte der Kläger die Unterlassung solcher Posts, die Veröffentlichung des im Beitrag angesprochenen Urteils zur Klarstellung sowie 5.000 Euro immateriellen Schadenersatz.

Das Erstgericht wies die Klage ab, das Berufungsgericht gab dem Unterlassungsbegehren und im Wesentlichen auch dem Veröffentlichungsbegehren statt, wies jedoch das Zahlungsbegehren ab. Der Kläger erhob außerordentliche Revision, womit die Sache dem OGH vorgelegt wurde (veröffentlicht in OGH 4 Ob 31/20t).

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 78 (1) Urhebergesetz (UrhG) dürfen Bildnisse von Personen weder öffentlich ausgestellt noch auf eine andere Art, wodurch sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, verbreitet werden, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden. Die Bestimmung schützt die mit dem jeweiligen Bild verbundenen Interessen. Der Bildnisschutz an sich greift erst ein, wenn der Abgebildete ein berechtigtes Interesse am Unterlassen der Veröffentlichung des jeweiligen Bildes hat (veröffentlicht in OGH 4 Ob 100/94).

Der Begriff der „berechtigten Interessen“ wird im Gesetz nicht näher definiert, um stets den Umständen des Einzelfalls gerecht werden zu können. Entscheidend ist, wie die Art der Veröffentlichung vom Publikum, unter Einbeziehung des Gesamtbildes des jeweiligen Beitrags nach außen, verstanden wird. Dabei sind das Bild, die Art der Verbreitung und sogar der Rahmen, in den das Bild gestellt wurde, miteinzubeziehen. Es geht darum, ob die abgebildete Person durch die Veröffentlichung in einen nicht den Tatsachen entsprechenden Zusammenhang gestellt wird (veröffentlicht in OGH 6 Ob 172/19s).

Das Recht, dass Rücksicht auf ihre Persönlichkeit genommen wird, haben auch Politiker und sonst allgemein bekannte Personen. Insofern ist auch ihre Intimsphäre geschützt und Bilder, die entstellend wirken oder in Zusammenhang mit ihrer Veröffentlichung Neugierde und Sensationslust des Publikums auf sich ziehen, sind unzulässig. Ebenso verstößt die unautorisierte Verwendung der Bilder zu Werbezwecken gegen berechtigte Interessen.

Ein Verstoß gegen das Namensrecht im Sinne des § 43 ABGB liegt nur dann vor, wenn der Gebrauch des Namens durch Dritte gegen berechtigte Interessen des Namensträgers verstößt. Das ist anzunehmen, wenn etwas Unrichtiges ausgesagt wird, das den Ruf herabsetzt, die Person bloßstellt oder gar lächerlich macht.

Mit Verletzungen des § 78 UrhG in sozialen Medien hat sich der OGH schon mehrmals befasst:

  • In der Entscheidung OGH 6 Ob 172/19s wurde ausgesprochen, dass auch das Recht auf freie Meinungsäußerung gemäß Artikel 10 EMRK und Artikel 13 StGG unwahre Behauptungen nicht deckt und daher Werturteile, die konkludente Tatsachenbehauptungen sind, nicht schrankenlos geäußert werden dürfen. Bloß etwas überspitzte Formulierungen sind aber hinzunehmen, sofern kein massiver Wertungsexzess vorliegt.
  • In einer weiteren Entscheidung des OGH ging es um satirisch überspitzt geäußerte Kritik, welche als unzulässig erachtet wurde. Für das Vorliegen von Satire muss für das Publikum erkennbar sein, dass die Parodie gerade nicht vom Urheber des parodierten Werks stammt, sondern der Meinungs- und Äußerungsfreiheit des Parodisten entspringt, weswegen seine Interessen hier höher zu bewerten sind. Ob eine Äußerung letztlich als zulässige Satire zu beurteilen ist, bemisst sich aufgrund einer Interessensabwägung zwischen Meinungs-, eventuell auch Kunstfreiheit des „Satirikers“ und den Persönlichkeitsrechten des durch die Äußerung Kritisierten (veröffentlicht in OGH 6 Ob 172/19s).

Eine Auffassung fällt umso eher unter den Schutz der Meinungsfreiheit, desto mehr ernste Sachbezogenheit sie aufweist und desto bedeutsamer ihr Anliegen für die Öffentlichkeit ist. Das Recht auf freie Meinungsäußerung kann jedoch eine Herabsetzung des politischen Gegners durch unwahre Tatsachenbehauptungen, mit denen er eines verwerflichen Verhaltens bezichtigt wird, nicht rechtfertigen.

Auch im Anlassfall musste eine Interessensabwägung unter Einbeziehung der Fragen, welcher Personenkreis durch den Post angesprochen wurde und ob dieser entsprechend getäuscht wurde, stattfinden:

  • Ein Kennzeichen der Kommunikation in sozialen Netzwerken ist die Flüchtigkeit der Meinungsäußerungen. Oft werden Beiträge nur sehr kurz, jedoch von einem (wie im Anlassfall) sehr großen Personenkreis gelesen.
  • Die Flüchtigkeit der Beiträge in sozialen Netzwerken ist in Bezug auf eine mögliche Täuschung ebenfalls miteinzubeziehen. Ein Beitrag, der sich grundsätzlich an politisch interessierte Menschen richtet und nur sehr kurz online ist, erweckt den Anschein, vom Abgebildeten zu stammen. Da dies nicht zutreffend war, lag im Anlassfall eine Täuschung des Publikums vor.
  • Von einer Satire konnte nicht ausgegangen werden, weil in diesem Fall gerade keine konkrete Sympathiebekundung des Klägers vorlag. Eine Abwägung zwischen den Interessen des Klägers auf Persönlichkeitsschutz in sozialen Medien und jenen des Beklagten auf Teilnahme an einer politischen Diskussion durch satirische Beiträge war daher nicht erforderlich. Vielmehr wurde dem Kläger eine Aussage „in den Mund gelegt“, die tatsächlich nicht von ihm stammte. Den verletzten Persönlichkeitsrechten des Klägers (§ 78 UrhG und § 43 ABGB) stand keine zulässige Meinungsäußerung des Beklagten entgegen (veröffentlicht in OGH 4 Ob 31/20t).

Fazit: Persönlichkeitsrechtsverletzungen sind in sozialen Medien keine Seltenheit. Sie stehen in einem Spannungsfeld zum Recht auf freie Meinungsäußerung und betreffen nahezu jeden Nutzer von SocialMedia. Eine Auffassung fällt umso eher unter den Schutz der Meinungsfreiheit, desto mehr ernste Sachbezogenheit sie aufweist und desto bedeutsamer ihr Anliegen für die Öffentlichkeit ist. Bei der Kommunikation über soziale Netzwerke müssen die Flüchtigkeit der Beiträge, der angesprochene Personenkreis und das Gesamtbild des Beitrags sowie seine Reichweite miteinbezogen werden. Werden Persönlichkeitsrechte durch unzulässige Meinungsäußerung in sozialen Netzwerken verletzt, so ist dies in Zukunft zu unterlassen, eventuell sind Maßnahmen zur Klarstellung zu treffen und möglicherweise besteht im Einzelfall sogar Anspruch auf immateriellen Schadenersatz.

 

Gerne beraten wir Sie in diesem Zusammenhang! Unsere Mitarbeiter stehen Ihnen telefonisch unter 0463 – 50 00 02 oder per E-Mail unter office@rechtdirekt.at zur Verfügung.

Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und erstellt.

Eine Haftung für die Richtigkeit wird nicht übernommen.