Das Ehegesetz gesteht dafür in manchen Fällen einen Ausweg aus der „ewigen“ Bindung zu. So kann man die Aufhebung der Ehe beantragen, wenn man sich bei der Hochzeit über wichtige Umstände getäuscht hat oder vom Partner gar arglistig in die Irre geführt worden ist. Ist eine voreheliche Beziehung oder gar Verlobung ein ausreichender Grund?

Anlassfall

Unlängst hat sich der Oberste Gerichtshof (OGH) mit einem Fall befasst, in welchem ein Ehemann die Aufhebung seiner vor mehr als 10 Jahren geschlossenen Ehe beantragte. Sollte er mit diesem Antrag nicht durchdringen, begehrte der Mann die Scheidung. Dies begründete er damit, dass er vor der Eheschließung über wesentliche Umstände getäuscht worden war: Hätte er gewusst, dass seine Frau in der Nähe zur Hochzeit eine Beziehung mit einem anderen Mann geführt habe und mit diesem sogar zeitweise verlobt gewesen war, hätte er sie nicht geehelicht. Hinzu kam, dass plötzlich der Nebenbuhler als Vater des eigentlich als Sohn der Eheleute betrachteten Kindes infrage kam.

Die Frau sah die Situation völlig anders. Sie beantragte ein Verfahren über ihren eigenen Zwischenantrag. So sollte festgestellt werden, dass sie ein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung vor der Ehe gehabt habe. Und überhaupt seien die Eheaufhebungsgründe, die auf ein Verhalten vor der Hochzeit abzielen, verfassungswidrig.

OGH: Keine eigene Frage

Das Höchstgericht stellte zunächst fest, dass die Frage, ob eine Ehe aufgehoben wird oder nicht,  auch für spätere Unterhaltsfragen relevant ist. Über den Zwischenantrag der Frau sollte nach Ansicht aller Instanzen bis hin zum OGH kein eigenes Verfahren geführt werden, da es nicht um eine Frage ging, die über den konkreten Rechtsstreit hinausreicht. Damit wird nun alles in einem verhandelt und so geklärt, wie es mit der Ehe weitergeht. Das ist stets eine Frage des konkreten Einzelfalles (veröffentlicht in OGH 5 Ob 212/21v).

Fazit: Ob eine voreheliche Beziehung, die Täuschung über eine Verlobung oder gar die Vaterschaft des vermeintlich gemeinsamen Kindes ein ausreichender Grund für die Aufhebung einer Ehe ist, muss stets im jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände geklärt werden. Ein solches Verfahren kann durchaus unangenehm sein, da Umstände des Privat- bzw. Ehelebens offengelegt werden. Sämtliche Fragen, die mit der Frage um die Aufhebung oder Scheidung der Ehe in direktem Zusammenhang stehen, sollen in einem Verfahren (gemeinsam) behandelt werden.

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