Bei Zahlungen, die an einen Gläubiger erfolgen, der bereits ein Insolvenzverfahren eröffnet hat, kann schuldbefreiende Wirkung nur eintreten, wenn der geleistete Betrag der Insolvenzmasse zugewendet wird oder dem Verpflichteten zur Zeit der Leistung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht bekannt war. Doch könnte diese Unkenntnis im Nachhinein vorwerfbar sein? Trifft Unternehmer eine gewisse „Überprüfungspflicht“ vor der Zahlung und wie sieht es bei Nichtunternehmern aus?

Was gilt für Unternehmer?

Zunächst darf die Unkenntnis nicht auf der Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt beruhen. Im unternehmerischen Bereich gibt es hinsichtlich der Frage, ob eine entsprechende Unkenntnis des Verpflichteten bezüglich der Insolvenzeröffnung des Gläubigers und späteren Schuldners vorwerfbar ist, Unterschiede je nach Branche. Abzustellen ist auf den Maßstab eines ordentlichen Unternehmers. Unabhängig von der Branche sind Unternehmer im Falle größerer Zahlungen aber ganz grundsätzlich zur Einsichtnahme in die elektronische Insolvenzdatenbank des Justizministeriums verpflichtet.

Auch sollten unternehmensintern gewisse Vorkehrungen getroffen werden, um Zahlungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu vermeiden. Bei einer GmbH trifft die Verpflichtung, dass entsprechende Einrichtungen und Strukturen diesbezüglich geschaffen werden, einzig und allein die Geschäftsführung. Der Rechtsprechung zufolge ist ein „ordentlicher Kaufmann“ jedenfalls zur Einholung von Informationen über ein allfälliges Insolvenzverfahren verpflichtet. Auf Unkenntnis einer möglichen Insolvenzeröffnung kann er sich daher nicht stützen.

Was gilt für Nichtunternehmer?

Ob auch Nichtunternehmer die Verpflichtung zur regelmäßigen Überprüfung ihrer Vertragspartner hinsichtlich einer allfälligen Insolvenzeröffnung über deren Vermögen trifft, war jahrelang strittig. Nun hat sich der Oberste Gerichtshof (OGH) auch mit dieser Frage befasst und festgestellt, dass eine solche Verpflichtung von Nichtunternehmern grundsätzlich abzulehnen ist. Eine Sorgfaltsverletzung ist dem Höchstgericht zufolge nur gegeben, sofern im Einzelfall konkrete Umstände hinzutreten, welche auch für einen Nichtunternehmer das Vorliegen einer Insolvenz des Vertragspartners nahelegen und dieser keine zumutbaren Nachforschungen vornimmt. Hinsichtlich der Sorgfaltspflichten von Nichtunternehmern im Hinblick auf das Kennenmüssen einer Insolvenzeröffnung über das Vermögen eines Vertragspartners zeigte sich der OGH mit dieser Entscheidung daher großzügig. Eine allgemeine „Überprüfungspflicht“ besteht hier nicht (veröffentlicht in OGH 9 Ob 33/20y).

Fazit: Zahlungen, die an einen Gläubiger erfolgen, der bereits ein Insolvenzverfahren eröffnet hat, wirken nur schuldbefreiend, wenn der geleistete Betrag der Insolvenzmasse zugewendet wird oder dem Verpflichteten zur Zeit der Leistung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht bekannt war. Unternehmer trifft eine Pflicht zur Einholung von Informationen über ein allfälliges Insolvenzverfahren. Für Nichtunternehmer besteht keine „Überprüfungspflicht“, doch auch ihnen ist zu empfehlen, eine Abfrage des Vertragspartners über die Ediktsdatei des Bundesministeriums für Justiz vorzunehmen, bevor größere Zahlungen erfolgen.

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