Es herrschte international „Ruhe vor dem Sturm“ doch wegen COVID-19 dürfte spätestens ab Herbst 2020 überall auf der Welt eine Pleitewelle einsetzen, die sich dann über das gesamte erste Halbjahr 2021 fortsetzt. Auch Österreich wird dann davon betroffen sein.

COVID-19 hat den Gesetzgeber veranlasst, auch im Insolvenzrecht Anpassungen vorzunehmen, die den negativen Auswirkungen der Krise entgegenwirken sollten. Die wesentlichsten Sonderbestimmungen sind folgende:

Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bei Überschuldung

Bei Eintreten einer Überschuldung im Zeitraum vom 1. März bis 31. Oktober 2020 besteht keine Verpflichtung des Schuldners, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Trat die Überschuldung vorher ein, so bleibt die Antragspflicht aufrecht. Bei Zahlungsunfähigkeit besteht unverändert eine Antragspflicht.

Überschuldung liegt vor, wenn die Schulden des Unternehmens größer sind als die Vermögenswerte. Auf Antrag eines Gläubigers wegen Überschuldung kann das Insolvenzverfahren im genannten Zeitraum nicht eröffnet werden. Ist der Schuldner bei Ablauf des 31. Oktober 2020 überschuldet, so hat er die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber innerhalb von 60 Tagen nach Ablauf des 31. Oktober 2020 oder 120 Tage nach Eintritt der Überschuldung, je nachdem welcher Zeitraum später endet, zu beantragen.

Als zahlungsunfähig gilt, wer zehn oder mehr Prozent seiner Rechnungen nicht bezahlen kann. Zahlt eine Firma ihre Rechnungen nicht innerhalb von 21 Tagen, so ist dies nur zulässig, wenn es einen Finanzplan mit einer Fortbestehungsprognose gibt, wonach innerhalb von drei bis sechs Monaten die Forderungen bedient werden können. Genau dieser Normalfall war seit dem Frühjahr angesichts der Corona-Pandemie bis Oktober ausgesetzt.

Fristen im Insolvenzverfahren

Für Insolvenzverfahren wurde die allgemeine Unterbrechung verfahrensrechtlicher Fristen wieder aufgehoben. Denn deren Beibehaltung würde die Abwicklung der Insolvenzverfahren wesentlich erschweren und die Sanierungschancen im Insolvenzverfahren drastisch vermindern.

Das Gericht kann verfahrensrechtliche Fristen in Insolvenzverfahren, von Amts wegen oder auf Antrag eines Beteiligten oder des Insolvenzverwalters mit Beschluss angemessen, höchstens um 90 Tage, verlängern. Damit sollen im Einzelfall aber angemessene „maßgeschneiderte“ Lösungen gefunden werden, um eine Sanierung von Unternehmen zu ermöglichen.

Überbrückungskredit und COVID-19-Kurzarbeitsbeihilfe

Zur Vorfinanzierung der Gehälter von Mitarbeitern in Kurzarbeit bis zur Auszahlung einer COVID-19-Kurzarbeitshilfe bestand ein hoher Bedarf nach Überbrückungskrediten. Diese Kredite unterliegen unter bestimmten Voraussetzungen einem Anfechtungsschutz. Ausgeschlossen ist eine Anfechtung nach § 31 IO. Der Kredit muss im Zeitraum 1. März bis 31. Oktober 2020 gewährt und sofort nach Erhalt der Kurzarbeitshilfe zurückgezahlt werden. Voraussetzung ist weiter, dass für den Kredit weder ein Pfand noch eine vergleichbare Sicherheit aus dem Vermögen des Kreditnehmers bestellt wurde und dem Kreditgeber bei Kreditgewährung die Zahlungsunfähigkeit des Kreditnehmers nicht bekannt war.

Kredite nach dem Eigenkapitalersatz-Gesetz

Aufgrund der getroffenen Maßnahmen in Bezug auf COVID-19 ist es bei vielen Unternehmen kurzfristig zu Liquiditätsengpässen gekommen. Diese Engpässe mussten schnell überbrückt werden, indem die Kreditgewährung eines Gesellschafters an die Gesellschaft vorübergehend erleichtert werden sollte.

Ein eigenkapitalersetzender Kredit im Sinne des Eigenkapitalersatz-Gesetzes (EKEG) liegt daher nicht vor, wenn ein Geldkredit nach dem 5. April 2020 bis zum Ablauf des 31. Oktober 2020 für nicht mehr als 120 Tage gewährt und zugezählt wird. Außerdem ist erforderlich, dass die Gesellschaft für diesen Kredit weder ein Pfand noch eine vergleichbare Sicherheit aus ihrem Vermögen bestellt hat. Dies bedeutet eine Ausweitung dieses Privilegs von 60 auf 120 Tage.

Die Folgen der Sonderbestimmungen

Die staatlichen Maßnahmen, welche aufgrund von COVID-19 gesetzt wurden, verschoben zahlreiche Insolvenzanträge um einige Monate. Es wird befürchtet, dass der zukünftig folgende Anstieg noch größer ausfallen könnte, als nach der Finanzkrise 2008.

Viele Anträge in näherer Zukunft sind ausgeblieben und haben sich zeitlich um einige Monate nach hinten verschoben. Grund dafür ist vor allem die Sonderbestimmung, wonach die Insolvenzantragspflicht bei einer Überschuldung für Kapitalgesellschaften, also Unternehmen, bei denen niemand persönlich haftet, vorübergehend ausgesetzt wird und Insolvenzverfahren auf Gläubigerantrag im selben Zeitraum nicht zu eröffnen sind. Dementsprechend ist die Zahl bei den Firmen- sowie bei den Privatinsolvenzen seit Mitte März drastisch eingebrochen. Es gibt bislang um ein Viertel weniger Anträge, bis zum Jahresende wird aber ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr erwartet. Weil in Anbetracht der Corona-Krise die Antragspflichten ausgesetzt sind, sind wirtschaftliche Folgeschäden durch Insolvenzverschleppungen zu befürchten.

Als häufigste angeführte Insolvenzursache wird COVID-19 genannt. Laut AKV (Alpenländischer Kreditorenverband) habe rund ein Viertel der Unternehmen, die seit Mitte März Insolvenz angemeldet haben, die Auswirkungen der Pandemie als Grund angeführt.

In Österreich geht es um die Ermöglichung und Sicherstellung österreichischer Geschäfte, Umsätze und Arbeitsplätze sowie den Erhalt von Lieferketten. Es müssen stabile Rahmenbedingungen für den Wirtschaftsstandort geschaffen werden.

Die Corona-Pandemie hat für einen massiven Einbruch der Konjunktur gesorgt, trotzdem sind die Firmenpleiten im ersten Halbjahr 2020 um ein Viertel zurückgegangen. Kurzarbeit und andere staatliche Hilfspakete sichern offenbar vielen angeschlagenen Unternehmen ein kurzfristiges Überleben. Mit Auslaufen der staatlichen Stützungsprogramme im Herbst bzw. Anfang 2021 rechnen Experten aber mit einer Pleitewelle. Dem Gläubigerschutzverband Creditreform zufolge stunden die Krankenkassen und Finanzämter die Abgaben bis 15. Jänner 2012, danach soll es noch die Möglichkeit geben, Ratenvereinbarungen für elf Monate abzuschließen.

Gut beraten durch die Krise

In Anbetracht der zu erwartenden Pleitewelle stehen die von der Insolvenz Betroffenen meist vor der großen Herausforderung, den Schuldenberg zu bewältigen oder als Gläubiger ihre Forderungen durchzusetzen. Juristischer Beistand, der über die notwendige Erfahrung verfügt, in das aktuelle Wirtschaftsleben eingebunden ist und eine Vertretungsbefugnis vor Gericht hat, kann sich auf die konkrete Situation einlassen und individuell durch die Krise führen. Es ist wichtig, spezielle Rechtsfragen zu beachten, Fristen einzuhalten und gesetzliche Neuerungen miteinzubeziehen.

Fazit: Aufgrund von COVID-19 wurden Sonderbestimmungen im Insolvenzrecht geschaffen. Zahlreiche Insolvenzanträge verschoben sich dadurch um einige Monate. Mit Ablauf des 31. Oktober 2020 hat ein Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne schuldhaftes Zögern, zu beantragen. Es wird nun mit den wirtschaftlichen Folgeschäden durch Insolvenzverschleppungen, die sich über das gesamte erste Halbjahr 2021 fortsetzen könnten, gerechnet. Eine seriöse Einschätzung und rechtliche Beratung kann viele Stolpersteine am Weg aus der Krise beseitigen.

Gerne beraten wir Sie in diesem Zusammenhang! Unsere Mitarbeiter stehen Ihnen telefonisch unter 0463 – 50 00 02 oder per E-Mail unter office@rechtdirekt.at zur Verfügung.

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