Zur Zerrüttung einer Ehe kann es aus verschiedenen Gründen kommen. Will man sich jedoch wegen einer Eheverfehlung des Partners scheiden lassen, so hat man dafür nicht unbegrenzt Zeit. Das Gesetz gibt vor, wie lange man nach Bekanntwerden der Eheverfehlung maximal warten darf. Die Entscheidung, eine Ehe endgültig zu beenden, ist keine leichte und wird oft erst lange Zeit nach Bekanntwerden der jeweiligen Eheverfehlung getroffen. Doch wie lange hat man dafür wirklich Zeit und ab wann beginnt die Frist tatsächlich zu laufen? Wie sieht es aus, wenn eine Straftat als Scheidungsgrund genannt wird?

Verschuldensscheidung

Das Gesetz unterscheidet zwischen einer einvernehmlichen und einer Verschuldensscheidung. Bei letzterer trifft einen Ehegatten das alleinige oder überwiegende Verschulden an der Ehezerrüttung. Das hat entscheidende Auswirkungen auf den Unterhaltsanspruch, der dem schuldlosen oder minderschuldigen Partner nach der Scheidung gebührt. Erst kürzlich befasste sich der Oberste Gerichtshof (OGH) mit einem (Scheidungs-)Fall, in welchem sich ein Paar nach langjähriger Ehe scheiden lassen wollte, wobei die Schuld nach Ansicht der Ehefrau allein beim Ehemann lag. Die behauptete Eheverfehlung war ihr allerdings schon seit über zehn Jahre bekannt, sodass der Mann einwandte, sie wolle ihm aus bloß unterhaltsrechtlichen Gründen schon seit Jahren eine außereheliche Beziehung nachweisen, die es nicht gebe.

Der Gerichtshof stellte zunächst klar, dass man grundsätzlich sechs Monate Zeit hat, sich scheiden zu lassen, sobald einem die Eheverfehlung des Partners bekannt ist. Danach gilt die Tat als pardoniert. Im Anlassfall hatte die Ehefrau ihren Mann zwar schon im Vorhinein wegen einer strafbaren Handlung angezeigt, die Scheidung aber erst Jahre später verlangt.

Strafrecht ist nicht gleich Eherecht

Bei strafrechtlichen Delikten ist in diesem Zusammenhang ausschlaggebend, ob es sich um ein Dauerdelikt handelt oder nicht. Ab Bekanntwerden eines solchen beginnt die sechs-Monate-Frist nach Ansicht des Höchstgerichts zu laufen, da es sich dann um eine fortgesetzte Eheverfehlung handelt. Zwar muss die strafrechtliche Frage von der eherechtlichen getrennt werden, doch soll man sich Eheverfehlungen nicht beliebig lang „aufheben“ können, um sie irgendwann geltend zu machen.

Sinn der Frist

Der Gerichtshof erläuterte auch den Sinn der Halbjahresfrist: Einerseits soll man nach dem Fehltritt des Partners eine gewisse Zeit überlegen können, ob man sich scheiden lässt. Gleichzeitig soll sich dieser Ehepartner aber Eheverfehlungen auch nicht auf Vorrat halten können, um sie später zu einem für ihn günstigen Zeitpunkt geltend zu machen. Bei zu spät begehrter Scheidung bleibt die Ehe daher bis auf Weiteres bestehen (veröffentlicht in OGH 4 Ob 56/21w).

 

Fazit: Ob es sich um eine eivernehmliche-, oder um eine Verschuldensscheidung handelt, hat entscheidende Auswirkungen auf den nachehelichen Unterhaltsanspruch. Wird eine Straftat als Scheidungsgrund angeführt, so kommt es darauf an, ob es sich um ein Dauerdelikt und damit um eine fortlaufende Eheverfehlung handelt. Jedenfalls hat man nach Bekanntwerden einer solchen sechs Monate Zeit, die Scheidung zu begehren. Diese Frist soll genug Zeit geben, sich die Entscheidung gut zu überlegen, aber eine Grenze darstellen, damit man sich Scheidungsgründe nicht nach Belieben „aufheben“ kann. Sind schon mehr als sechs Monate vergangen, bleibt die Ehe (noch) bestehen.

 

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