Unlängst wurde das Kartell- und Wettbewerbsrechtsänderungsgesetz 2021 (KaWeRÄG 2021) in Begutachtung geschickt. Es setzt die ECN+-Richtlinie zur wirksameren Durchsetzung der EU-Wettbewerbsregeln um und sieht dazu zahlreiche Anpassungen vor. Auch eine (noch) umstrittene Berichtspflicht der Bundeswettbewerbsbehörde gegenüber der Wirtschaftsministerin ist vorgesehen. Die Begutachtungsfrist lief bis 18. Mai, die Novelle soll mit 1. August 2021 in Kraft treten und könnte weitreichende Änderungen mit sich bringen, die für Unternehmen von Relevanz sind. Hier ein kurzer Überblick hinsichtlich der geplanten Neuerungen:

Zielsetzung = Umweltschutz

Derzeit sind marktbezogene Absprachen zwischen Wettbewerbern kartellrechtlich weitgehend untersagt. Nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt das Kartellgesetz eine Ausnahme vom Kartellverbot. Unter anderem müssen Verbraucher angemessen an dem durch die Absprache erreichten Effizienzgewinn beteiligt werden. Doch was, wenn eine solche Absprache eine ökologisch nachhaltige Entwicklung zum Ziel hat? Um solche Absprachen künftig vom Kartellverbot auszunehmen, soll das Kartellgesetz festschreiben, dass Verbrauchern auch dann ein kartellrechtsrelevanter Vorteil zukommt, wenn von Unternehmen ins Treffen geführte Effizienzgewinne zu einer ökologisch nachhaltigen oder klimaneutralen Wirtschaft beitragen. Dies soll Unternehmen ermuntern, ökologisch nachhaltige Absprachen zu treffen, ohne die strengen Konsequenzen des Kartellrechts fürchten zu müssen. Zwar erstreckt sich diese Rechtssicherheit zwangsläufig nur auf das österreichische Kartellverbot, doch könnte diese Regelung auch auf europäischer Ebene einen Anstoß dazu geben, die Ausnahmen vom europäischen Kartellverbot entsprechend auszulegen, etwa vor dem Hintergrund des im Unionsrecht fest verankerten Rechts auf ein hohes Umweltschutzniveau.

Digitalisierung im Fokus

Die zunehmende Digitalisierung der Wirtschaft hinterlässt auch im Kartellrecht Spuren, sodass heute umso mehr auf die Charakteristika digitaler Märkte eingegangen werden muss. Grundvoraussetzung für die Anwendbarkeit der strengen Missbrauchsregeln im Kartellrecht ist das Vorliegen einer marktbeherrschenden Stellung. Um die Marktmacht von digitalen Plattformen wie Google, Amazon, Facebook oder Apple rechtlich besser greifbar zu machen, sollen künftig einige Faktoren (zum Beispiel bestimmte Netzwerkeffekte) ausdrücklich in die Marktmachtanalyse einbezogen werden, denn zahlreiche digitale Wertschöpfungsmodelle sind datenbasiert und man muss beachten, dass digitale Plattformen durch die vorherrschenden direkten und indirekten Netzwerkeffekte mitunter eine nahezu unumstößliche Marktposition erlangen.

Feststellung der Marktmacht

Auf mehrseitigen digitalen Märkten soll die Bundeswettbewerbsbehörde die Möglichkeit erhalten, die Marktmacht von Unternehmen durch das Kartellgericht feststellen zu lassen. Diese Feststellung kann in der Folge als Ausgangspunkt für eine detailliertere Prüfung des missbräuchlichen Verhaltens von digitalen Unternehmen dienen. Darin liegt auch eine Signal- und Warnfunktion, um digitale Gatekeeper an ihre besonderen kartellrechtlichen Pflichten zu erinnern. Außerdem soll die Bundeswettbewerbsbehörde Zusammenschlüsse nicht nur unter dem Gesichtspunkt der marktbeherrschenden Stellung prüfen, sondern auch analysieren, ob ein Zusammenschluss den wirksamen Wettbewerb auf sonstige Weise erheblich behindern kann.

Fazit: Am 1. August 2021 soll das KaWeRÄG 2021 in Kraft treten. Der Gesetzesentwurf enthält unter anderem eine neue Ausnahme vom Kartellverbot und will der Digitalisierung Rechnung tragen. Großes Ziel ist der Umweltschutz. Das Wettbewerbsverhalten von Unternehmen, die auf digitalen Märkten aktiv sind, dürfte dank der Novelle vermehrt in den Fokus der Wettbewerbshüter treten. Es könnte weitreichende Neuerungen für das österreichische Kartellrecht mit sich bringen, auf die sich Unternehmen vorbereiten sollten.

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