Kaufverträge über   den   Erwerb   von   unbebauten   Liegenschaften   sind in der juristischen Praxis schon längst keine Seltenheit mehr. Allerdings werden in solchen Verträgen Risiken in Zusammenhang mit Kontaminierungen noch sehr nebensächlich behandelt.  Meist werden Vertragsklauseln verwendet, die einen generellen   Gewährleistungsverzicht   enthalten   oder   der   Verkäufer   sichert   die Kontaminationsfreiheit, oftmals   unter   Bezugnahme   auf   gesetzliche Umweltbestimmungen, zu.   Daraus resultieren teilweise sehr umfangreiche Haftungsfolgen für die Vertragsparteien und/oder den Vertragserrichter (Rechtsberater). Der OGH hat sich in zwei Fällen mit dieser Problematik auseinandergesetzt. Es ging um die Frage, wie die Zusage der Kontaminationsfreiheit seitens des Verkäufers einer unbebauten Liegenschaft in Verbindung mit einem generellen Haftungsausschluss zu verstehen ist.

3 Ob 200/13b

Zum ersten Sachverhalt:

In der ersten Entscheidung erwarb die Klägerin eine Liegenschaft, um auf dieser nach Abriss des Bestandsgebäudes eine Wohnanlage zu errichten.  Im Zuge der Vertragsverhandlungen wurden die Kontaminierungsfreiheit der Liegenschaft und ein in der Liegenschaft   vergrabener   Öltank   angesprochen. Nicht besprochen wurde, was   die   zwei   Vertragsparteien   unter   dem   Begriff „Kontamination“ verstanden. In einer Vertragsklausel wurde vereinbart, dass der Verkäufer dafür einzustehen hat, dass die Liegenschaft frei von jeglichen Kontaminierungen ist. Im Zuge der Aushubarbeiten wurde festgestellt, dass der Untergrund im südlichen Projektbereich mit Bauresten, größtenteils Ziegelbruch, aufgeschüttet worden war. Ob der Verkäufer davon Kenntnis hatte, war nicht feststellbar. Die Klägerin verlangte in weiterer Folge aufgrund von Schadenersatz und Gewährleistung den Ersatz ihrer Mehrkosten.

Rechtliche Beurteilung:

Das Erstgericht wies die Klage ab, da es der Ansicht war, dass Kontamination eine Verunreinigung mit giftigen Stoffen, nicht aber mit Bauschutt, bedeute. Der OGH führte aus, dass für die Auslegung von Willenserklärungen nicht   die   Vorstellung   der   Vertragsabschließenden   maßgeblich   ist, sondern ausgehend vom buchstäblichen Sinn des Ausdrucks, die Absicht der Parteien zu erforschen ist. Bei der Auslegung der aus der Erklärung abzuleitenden Rechtsfolgen kommt es auf das Verständnis an, das ein redlicher Erklärungsempfänger von dieser gewinnen   durfte   und   gewonnen   hat.   Dabei   sind   die   konkreten   Umstände   zu beachten.   Kann   eine   übereinstimmende   abweichende   Parteienabsicht nicht festgestellt werden, so ist bei der Auslegung der Wortlaut heranzuziehen. Nachdem   die   Klägerin   ihr   besonders   weitgehendes   Verständnis   des Kontaminationsbegriffs (sie verstand darunter alles   außer   dem natürlich   gewachsenen Grund   und   Boden) gegenüber dem Beklagten nicht offenlegte, durfte dieser wegen des einzigen konkret besprochenen Falls einer allfälligen Verunreinigung des Grundstücks mit Öl davon ausgehen, dass es der Käuferin bezüglich seiner Haftung für Verunreinigungen einzig um jene ging, die mit ausgetretenem   Öl   einhergehen.   „Jegliche“   Kontaminierung   ist   in diesem Zusammenhang so zu verstehen, dass die Haftung nicht nur eine Verunreinigung für Öl erfasst, sondern alle, die vergleichbare Auswirkungen haben, also eine Gefährdung von Umwelt   und/oder   Gesundheit darstellen.   Das   entspricht   exakt   dem   festgestellten Verständnis des Beklagten und jenem eines redlichen Erklärungsempfängers in der konkreten Situation. Eine andere Interpretation des   Begriffes Kontamination   kann   nicht zulasten   des Beklagten ausgelegt werden, wenn es keinen Hinweis für das Verständnis der Klägerin gab. Da im gegenständlichen Fall der Begriff Kontamination, nur gesundheits- und/oder umweltgefährdende Bodenverunreinigungen bedeutete und diese nicht vorlagen, kam   der   Haftungsausschluss   zur   Anwendung.   Ein   Verzicht   auf Gewährleistungsansprüche ist auch für unbekannte Mängel zulässig.

6 Ob 125/14x

Zum zweiten Sachverhalt:

Im zweiten Fall wurde von den Beklagten eine unbebaute Liegenschaft an die Klägerin veräußert. Vertraglich wurde vereinbart, dass die Beklagten lediglich für die Freiheit der Liegenschaft von allen bücherlichen und außerbücherlichen Lasten einschließlich Dienstbarkeiten und Bestandrechten Gewähr zu leisten haben. Auf Wunsch eines leitenden Angestellten der Klägerin wurde jedoch noch die Klausel „frei von Altlasten im Sinne der §§ 24 und 25 Oö Bodenschutzgesetz“ ergänzt. Im Zuge der   Verhandlungen   bestätigten   die   Beklagten   auch, dass   keine   gefährlichen Substanzen auf der Liegenschaft abgelagert seien. Bei den Aushubarbeiten stellte sich allerdings heraus, dass sich hier Reste einer historischen Stadtmauer befinden. Dieser Umstand war keinem der Beteiligten bekannt. Da dass Aushubmaterial die Grenzwerte der Deponieverordnung teilweise erheblich   überschritt, war   eine   Entsorgung   auf   einer speziellen Deponie notwendig, was mit erheblichen Mehrkosten verbunden war. Die Klägerin verlangte den Ersatz dieser Kosten.

Rechtliche Beurteilung:

Der OGH entschied auch in diesem Fall, dass für die Auslegung von Willenserklärungen nicht die Vorstellung der Vertragsschließenden maßgeblich ist, sondern die konkrete Absicht der Parteien, ausgehend vom buchstäblichen Sinn des Ausdrucks. Für die Auslegung ist der Empfängerhorizont ausschlaggebend, wobei die aus der Erklärung abzuleitenden Rechtsfolgen nicht danach zu beurteilen sind, was der Erklärende sagen   wollte   oder   der   Erklärungsempfänger   darunter   verstanden   hat, sondern danach, wie ein redlicher Erklärungsempfänger die Erklärung verstehen durfte. Dabei sind auch die konkreten Umstände zu beachten. Ein umfassender Gewährleistungsverzicht erstreckt sich zudem auf geheime Mängel und solche, die gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaften betreffen. Nicht davon umfasst sind hingegen gesondert zugesicherte Eigenschaften. Der Umfang eines solchen Gewährleistungsverzichts ist durch Auslegung nach der Absicht der Parteien und der Übung des redlichen Verkehrs zu ermitteln. Dabei gehört die Freiheit von Kontaminationen bei einer Liegenschaft, die zur Errichtung eines Hauses erworben wurde, zu den gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften. Dementsprechend nimmt die Rechtsprechung teilweise   eine   Aufklärungspflicht   des   Verkäufers   bei   Verdacht   auf Kontaminationen an.

Im vorliegenden Fall bezog sich die Haftungszusage der beklagten Parteien auf Altlasten im Sinne der §§ 24 und 25 Oö Bodenschutzgesetz. Dieses Gesetz kennt den Begriff „Altlasten“ allerdings nicht. Folgt man dem Sinn der Klausel, so ist auf die Grenzwerte in der nach § 24 Oö Bodenschutzgesetz zu erlassenden Bodenschutzverordnung abzustellen. Da im Zuge   der Vertragsverhandlungen viele Details abgeklärt wurden, musste   den   Beklagten   klar gewesen   sein, welche   vertragliche   Zusicherung   und   gewährleistungsrechtliche Haftung sie übernahmen. Der Umstand, dass ihnen die Aufschüttung mit Bauschutt nicht bekannt war, schließt eine gewährleistungsrechtliche Haftung nicht aus. Die Haftung der beklagten Parteien wurde somit bejaht.

Fazit: Der   Begriff „Kontamination“   wird   von   den   Parteien   meist   sehr unterschiedlich interpretiert, was zu Auslegungsschwierigkeiten hinsichtlich bestimmter Haftungsklauseln führen kann. Der OGH definiert „Kontaminierungen“ als „kleinteilige   Vermengungen   mit   unerwünschten Stoffen“. Die Zusage der Freiheit von Kontaminationen bei einer unbebauten Liegenschaft zählt zu den gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften. Der Umfang   eines   Gewährleistungsverzichtes muss durch individuelle Auslegung gemäß § 914 ABGB unter Berücksichtigung der Absicht der Parteien und der Übung des redlichen Verkehrs ermittelt werden.

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