Verbraucher stehen am Ende der Absatzkette. Machen sie Gewährleistungsansprüche gegen ihre Vertragspartner geltend, so stellt sich die Frage, ob auch diese Ansprüche aus Gewährleistung gegen ihren Vormann geltend machen können, wenn sich herausstellt, dass schon der Vormann mangelhaft geleistet hat. Wie verhält es sich, wenn im Fall einer solchen Vertragskette die eigentliche Gewährleistungsfrist schon abgelaufen ist?

Fristverlängerung

§ 933b ABGB normiert eine Verlängerung der Gewährleistungsfrist bei Gewährleistungsrückgriffen in einer Vertragskette. Macht also der Endabnehmer Gewährleistungsansprüche gegen seinen Vertragspartner geltend und erfährt Letzterer (der Letztverkäufer) auf diese Weise davon, dass ihm sein Vormann mangelhaft geleistet hat, so kann der Letztverkäufer seine Gewährleistungsansprüche trotz eigentlichen Ablaufs der Gewährleistungsfrist aus dem Vertrag zu seinem Vormann weiterhin in Anspruch nehmen.

„Gewährleistungskette“

Mit dieser Bestimmung hat sich auch der Oberste Gerichtshof (OGH) kürzlich wieder auseinandergesetzt und erneut betont, dass § 933b ABGB auf Schadenersatzansprüche bei Vorliegen eines Mangelschadens ebenso zur Anwendung kommt und nach § 1167 ABGB auch beim Werkvertrag gilt. Nach dieser Bestimmung kann der ursprüngliche Gewährleistungsschuldner (Rückgriffsgläubiger) seine eigenen Gewährleistungsansprüche gegen seinen Vormann geltend machen, also Verbesserung oder Austausch bzw. bei Vorliegen der Voraussetzungen sogar Preisminderung oder Wandlung verlangen. Der OGH wies in diesem Zusammenhang noch darauf hin, dass sein Gewährleistungsregress mit der Höhe des eigenen finanziellen Aufwands gegenüber seinem Gewährleistungsgläubiger (Nachmann) beschränkt ist.

Verbrauchereigenschaft des Endabnehmers

§ 933b ABGB stellt nach seinem Wortlaut darauf ab, dass es sich beim Endabnehmer (Letztkäufer bzw. Letzt-Besteller) um einen Verbraucher handelt. Art 4 der Gewährleistungs-RL (Verbrauchsgüterkauf-RL 1999/44/EG) verpflichtet die Mitgliedstaaten, einen Rückgriff des Letztverkäufers innerhalb der Vertriebskette zu ermöglichen. Dem Letztverkäufer stünden gegen seinen Lieferanten zwar Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche zu, wenn er die Ware von diesem in mangelhaftem Zustand erhalten hat, vielfach wird ein Gewährleistungsregress aber daran scheitern, dass im Verhältnis zwischen dem Letztverkäufer und seinem Vormann die relativ kurzen Fristen des § 933 ABGB abgelaufen sind, wenn der Letztverkäufer vom Mangel erfährt. Für die verfolgte Zielsetzung, innerhalb einer Vertragskette den unternehmerischen Gewährleistungsregress zu ermöglichen bzw. zu erleichtern, spielt der Umstand, ob der Endabnehmer Verbrauchereigenschaft hat oder nicht, an sich keine Rolle. Die Einschränkung auf Verbrauchergeschäfte am Ende der Absatzkette erscheint daher nach Ansicht des OGH mit Blick auf die sachliche Rechtfertigung fragwürdig (veröffentlicht in OGH 4 Ob 23/21t).

Fazit: Nach § 933b ABGB ist ein Gewährleistungsrückgriff in einer Vertragskette möglich. Außerdem normiert die Bestimmung in solchen Fällen eine Verlängerung der Gewährleistungsfrist und ist auch auf Schadenersatzansprüche bei Vorliegen eines Mangelschadens sowie beim Werkvertrag anwendbar. Ein Gewährleistungsregress könnte an den relativ kurzen Fristen des § 933 ABGB scheitern, weswegen der Umstand, ob der Endabnehmer Verbrauchereigenschaft hat oder nicht, an sich keine Rolle spielen sollte. Unser Hinweis: Die Bestimmung des § 933b ABGB betrifft jedenfalls den unternehmerischen Regress aus dem Titel der Gewährleistung und ist zwischen den Mitgliedern der Vertriebskette dispositiv, sie kann von diesen daher modifiziert und damit auch erweitert werden.

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