Durch ein Vermächtnis können verschiedene Rechte eingeräumt werden. So beispielsweise ein Wohnungsgebrauchsrecht an einem Haus oder Hausteil bzw. auch ein Mitbenützungsrecht an einem Garten. Letzteres meint eine Nutzung des jeweiligen Gartens gemeinsam mit dem Eigentümer. Doch wie genau ist ein solches Recht ausgestaltet? Kann der Eigentümer den Garten trotzdem nach Belieben gestalten oder muss er in gewisser Weise „Rücksicht“ nehmen?

OGH – Anlassfall

Besteht ein Mitbenützungsrecht am Garten eines anderen, so muss zunächst dessen Umfang festgelegt werden. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat sich erst kürzlich mit einem Fall auseinandergesetzt, in dem durch Vermächtnis ein Wohnungsgebrauchsrecht an einem Hausteil samt einem Mitbenützungsrecht am Garten (gemeinsam mit dem Eigentümer) „im bisherigen Umfang“ eingeräumt wurde. In diesem Fall musste weiter gefragt werden, inwiefern dieses Recht Einschränkungen für den Eigentümer mit sich bringt.

Sonderregelung zu beachten

Dazu stellte der Gerichtshof zunächst klar, dass auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Eigentümer und dem mitbenützungsberechtigten Wohnberechtigten die Regeln der §§ 825 ff ABGB für Rechtsgemeinschaften nicht anwendbar sind, weil dafür mit § 521 ABGB eine Sonderregelung existiert. Geht es um die Gestaltung des Gartens, so hindert ein Mitbenützungsrecht den Eigentümer nicht daran, den Garten nach eigenen Vorstellungen zu gestalten und insbesondere Pflanzen nach seinem Belieben und seinen individuellen Wünschen zu setzen oder zu entfernen. Das Recht, den Garten mitzubenützen, umfasst daher auch keinen Anspruch darauf, dass der Sichtschutz durch vorhandene Pflanzen erhalten bleibt.

Das Recht des Begünstigten bringt jedoch gewisse Schranken mit sich: Der Eigentümer darf nämlich, so der OGH, die titelgemäße Benützbarkeit nicht beseitigen. Dies würde etwa der Fall sein, wenn er den Garten zubetoniert oder so umgestaltet, dass ihn der Berechtigte, auch aus in seiner Person liegenden Gründen, nicht mehr nutzen kann (beispielsweise nicht barrierefreie Umgestaltung mit Stufen bei einer Gehbehinderung) (veröffentlicht in OGH 4 Ob 206/20b).

Fazit: Das Recht, den Garten eines anderen mitzubenützen, umfasst keinen Anspruch darauf, dass der Sichtschutz durch vorhandene Pflanzen erhalten bleibt. Der Eigentümer kann den Garten nach seinen Vorstellungen gestalten, darf dabei aber die titelmäßige Benützbarkeit nicht beseitigen. Dem Mitbenützungsberechtigten muss jedenfalls die Möglichkeit erhalten bleiben, sein Recht der Garten(mit)nutzung in Anspruch zu nehmen. Gerne beraten wir Sie bei Fragen zu verschiedenen Sonderregelungen im Bereich des Immobilienrechts, denn diese gehen, wie in diesem Fall, den allgemeinen Vorschriften vor.

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