Die Pandemie ist noch nicht zu Ende, da kommen weltweite Rohstoff-, Material- und Produktknappheiten dazu. Elektronikbauteile und Chips können nicht geliefert werden, weil Städte und Häfen unter Quarantäne stehen und Container sind teilweise um mehr als das Doppelte teurer geworden. Auch der Bauindustrie mangelt es an Baumaterialien und es stellt sich zunehmend die Frage, wer eigentlich das Risiko für die mangelnde Verfügbarkeit der Rohstoffe trägt?

Grundsätzlich kann zwischen zwei wesentlichen Falltypen unterschieden werden: Gibt es das Material am Markt derzeit nicht, dann kann der Zwischenhändler schlicht nicht liefern. Häufiger ist allerdings der Fall, dass das Material selbst oder dessen Transport aufgrund der Knappheit (oft sehr viel) teurer geworden ist.

Unverschuldete Unmöglichkeit

Rechtlich relevant ist das Thema vor allem dort, wo länger- oder langfristige Lieferverträge bestehen, in denen fixe Preise vereinbart sind, wo also etwa für das ganze Jahr im Vorhinein Liefermengen und Preise festgelegt wurden. Der Lieferant hat sich verpflichtet, steht aber vor dem Problem, dass er die Materialien nicht oder nur deutlich über dem von ihm einst kalkulierten Preis bekommen kann. Ob dies „höhere Gewalt“ ist, kann nicht so leicht gesagt werden, da dieser Begriff in Österreich nicht gesetzlich definiert ist. In zahlreichen Verträgen und Geschäftsbedingungen finden sich aber nähere Regelungen darüber, welche Ereignisse darunter zu erfassen sind. Meist nicht geregelt ist aber, wie intensiv die Behinderung sein muss, um Leistungs- und Haftungsfreiheiten zu gewähren. Fest steht im Grunde nur, dass „unverschuldete Unmöglichkeit“ der Leistung vorliegt, wenn es die Ware wirklich am Weltmarkt nicht gibt.

Enormer Preisanstieg

Schwieriger wird es, wenn der Wareneinkauf nur teurer geworden ist. Ob die unerwartete Beeinträchtigung bei der Materialbesorgung so weit geht, dass massiv in bindende Verträge eingegriffen werden kann, wurde in der Judikatur bereits thematisiert. In zahlreichen Fällen wurde unter „Unmöglichkeit der Leistung“ auch eine „wirtschaftliche Unmöglichkeit“ anerkannt. Eine solche Unerschwinglichkeit liegt erst dann vor, wenn die Leistung dem Lieferanten nicht mehr zugemutet werden kann, weil er „ungewöhnliche Opfer“ erbringen müsste. Nur, weil die Kalkulation des Lieferanten nicht mehr stimmt und bestimmte Geschäfte nur noch unter Verlusten abgewickelt werden können, ist nicht von einer wirtschaftlichen Unmöglichkeit auszugehen.

Fazit: Die Lieferengpässe bei Rohstoffen und Baumaterialien werfen knifflige Rechtsfragen auf. Ist die Ware am Weltmarkt nicht lieferbar, liegt unverschuldete Unmöglichkeit vor. Ist sie bloß teurer geworden, muss danach differenziert werden, ob sie tatsächlich unerschwinglich geworden ist oder der Preisanstieg hingenommen bzw. mitkalkuliert werden muss. Unsere Ansicht dazu: Je nachdem, ob am Markt Ersatz beschafft werden kann, wie teuer dieser ist und wie das in den eigenen Verkaufsbedingungen geregelt ist, werden die Betroffenen aus ihren Verpflichtungen mehr oder weniger gut herauskommen.

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