Zahlreiche Betriebe kämpfen mit hohen Verdienstentgängen aufgrund von behördlichen Schließungen, welche zur Eindämmung der Corona-Pandemie angeordnet wurden. Die Verordnung zur Verdienstentgangsregelung lässt sie nun wieder Hoffnung schöpfen. Laut Medienberichten sollen in Kärnten, Salzburg, Tirol und Vorarlberg bereits über 20.000 Anträge (inklusive Mehrfachansuchen) gestellt worden sein.

Hintergrund:

Aufgrund der Corona-Pandemie wurden in Kärnten, Tirol, Vorarlberg und Salzburg zahlreiche Hotels und Seilbahnen in Westösterreich zwischen 10.03.2020 und Mitte März durch Verordnungen der Bezirkshauptmannschaften geschlossen. Diese behördlichen Schließungen wurden von den Bezirkshauptmannschaften aufgehoben und durch neuerliche Verordnungen, welche nun von den Landeshauptleuten erlassen wurden, in Betretungsverbote für Touristen abgeändert. Die Schließungen erfolgten auf Grundlage des Epidemiegesetzes (EpidemieG 1950), welches für die Zeit der behördlich angeordneten Schließungen den Ersatz des vollen Verdienstentgangs vorsieht.

Weiterentwicklung Rechtslage:

Recht schnell wurde das COVID-19-Maßnahmengesetz beschlossen, welches die Regelung des Anspruchs auf volle Entschädigung des Verdienstentgangs nach dem EpidemieG 1950 aushebelte. Es gab nun keinen Entschädigungsanspruch mehr.

Am 14.07.2020 erkannte der Verfassungsgerichtshof (VfGH) aufgrund der zahlreichen eingelangten Anträge und Beschwerden, dass der Ausschluss von Entschädigungsansprüchen nach dem EpidemieG 1950 für Betretungsverbote, die auf der Grundlage von § 1 COVID-19-Maßnahmengesetz erlassen wurden, verfassungskonform ist. Entschädigungsansprüche nach dem EpidemieG 1950 für die Betretungsverbote des Bundes ab dem 04.04.2020 sollte es daher tatsächlich keine geben.

Neue Hoffnung:

Die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über nähere Vorgaben zur Berechnung der Höhe der Vergütung des Verdienstentgangs für selbständig erwerbstätige Personen und Unternehmungen nach dem EpidemieG 1950 (EpG 1950-Berechnungs-Verordnung) (veröffentlicht in BGBl. II Nr. 329/2020) lässt Betriebe nun wieder hoffen, doch noch eine Entschädigung für den Verdienstentgang zu erhalten. Zur Kostentragung des Bundes gemäß EpidemieG 1950 gibt es einen entsprechenden Erlass des Gesundheitsministeriums, welcher die Vollziehung der Berechnung des Verdienstentgangs nach dem EpidemieG 1950 regelt.

Die EpidemieG 1950-Berechnungs-Verordnung regelt die Berechnung des Verdienstentgangs auf Grundlage des vergleichbaren fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommens selbständig erwerbstätiger Personen und Unternehmen nach § 32 (4) des EpidemieG 1950 (veröffentlicht in BGBl. Nr. 186/1950) in der jeweils geltenden Fassung.

Demnach ist eine Entschädigung, je nachdem, wie lange die Erwerbsbehinderung im jeweiligen Betrieb angedauert hat, für jene Betriebe möglich, die nach § 20 EpidemieG 1950 geschlossen wurden. Der Referenzzeitraum umfasst bei einer Erwerbsbehinderung von bis zu 30 Kalendertagen die zwei letzten vollen, der Erwerbsbehinderung vorangegangenen Kalendermonate, bei einer Erwerbsbehinderung von 31 bis zu 60 Kalendertagen die vier letzten vollen, der Erwerbsbehinderung vorangegangenen Kalendermonate und bei einer darüberhinausgehenden Erwerbsbehinderung einen angemessenen, nach vollen Kalendermonaten bestimmten Zeitraum, der jedoch nicht weniger als die vier letzten vollen, der Erwerbsbehinderung vorangegangenen Kalendermonate umfassen darf (veröffentlicht in  BGBl. II Nr. 329/2020).

Außerdem muss beachtet werden, dass die diversen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen gegenseitig angerechnet werden, sodass es hier zu keiner Doppelförderung kommen kann. Das betrifft insbesondere Fixkostenzuschüsse und Härtefallfonds. Als Ausgangsbasis für die Berechnung der Entschädigung wird das Betriebsergebnis herangezogen, also der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen auf Sachanlagen sowie immaterielle Vermögenswerte. Sollte die Zahlung einer Betriebsunterbrechungsversicherung erfolgt sein, so kürzt diese den Anspruch.

 

Änderung der Frist für die Geltendmachung:

Entschädigungen nach dem EpidemieG 1950 konnten bis Anfang Juli nur sechs Wochen lang geltend gemacht werden. Aufgrund einer Änderung des EpidemieG 1950 (veröffentlicht in BGBl I 2020/62) beträgt die Frist für Anträge auf Entschädigungen nun aber drei Monate. Die Frist hat daher mit 07.07.2020 neu zu laufen begonnen und endet nach drei Monaten. Anträge auf Entschädigung des Verdienstentgangs, der aufgrund einer wegen des Auftretens von Covid-19 ergangenen behördlichen Maßnahme nach dem EpidemieG 1950 besteht, können bei den Bezirksverwaltungsbehörden gestellt werden.

Wer durch erzwungene Betriebsschließungen oder gar Quarantänemaßnahmen einen Verdienstentgang nachweisen kann, sollte demnach drei Monate, statt sechs Wochen, Zeit für die Einbringung eines entsprechenden Antrags haben. Bereits laufende oder abgelaufene Fristen sollen neu zu laufen beginnen.

Klärungsbedarf?

Auch in Klagenfurt wurden Betriebe von Mitte März bis Mitte Mai aufgrund der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (veröffentlicht in BGBL. II Nr. 96/2020) geschlossen bzw. das Betreten des Kundenbereichs verboten. Gemäß § 4 (2) COVID-19-Maßnahmengesetz ist bei Vorliegen einer solchen Verordnung das EpidemieG 1950 nicht anwendbar. Folgt man der Wortinterpretation der §§ 6f. ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) so bezieht sich § 4 (2) COVID-19-Maßnahmengesetz jedoch nur auf jenen Teil des EpidemieG 1950, welcher die Schlißeungen von Betriebsstätten betrifft, wonach § 32 EpidemieG 1950 vom Ausschluss des § 4 COVID-19-Maßnahmengesetz nicht erfasst sein sollte.

Der VfGH erkannte am 14.07.2020, dass es nicht verfassungswidrig ist, dass das COVID-19-Maßnahmengesetz keinen Entschädigungsanspruch enthält, da es nicht mit dem EpidemieG 1950 vergleichbar ist. Schließlich beziehe sich dieses nicht auf ein Ausmaß wie jenes der COVID-19-Pandemie. Dieses Erkenntnis stellt aber nur klar, dass das COVID-19-Maßnahmengesetz in diesem Punkt verfassungskonform ist, schließt jedoch eine neuerliche Verordnung betreffend bestimmter Entschädigungsansprüche in Zusammenhang mit COVID-19 keineswegs aus.

Zu klären bleibt, ob die neue EpidemieG 1950-Berechnungs-Verordnung auch für jene Betriebe gilt, die aufgrund der COVID-19-Gesetzgebung und nicht explizit wegen § 20 EpidemieG 1950 geschlossen wurden. Sieht man den Sinn und Zweck der COVID-19-Gesetze jedoch in der Erfüllung bzw. Konkretisierung des EpidemieG 1950, so wird dies anzunehmen sein.

 

Fazit: Zahlreiche Betriebe kämpfen mit hohen Verdienstentgängen aufgrund von behördlichen Schließungen, welche zur Eindämmung der Corona-Pandemie angeordnet wurden. Nach dem Erkenntnis des VfGH vom 14.07.2020 schien die Chance auf Entschädigung verloren zu sein. Nach der EpidemieG 1950-Berechnungs-Verordnung soll eine Entschädigung nun doch für jene Betriebe möglich sein, die nach § 20 EpidemieG 1950 geschlossen wurden. Zudem wurde die Frist zur Geltendmachung von Ansprüchen auf Verdienstentgang geändert und beträgt nun drei Monate.

 

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