Aktuell ist die Bauwirtschaft von stark volatilen Materialpreisen betroffen. Wesentliche Baumaterialien sind teilweise um fast 50 Prozent teurer geworden. Wie wirkt sich das auf bereits abgeschlossene Verträge aus? Könnte einem Bauunternehmer eine entsprechende Erhöhung seines Entgelts zustehen? Wie sieht es grundsätzlich mit einer Vertragsanpassung oder gar -auflösung aus?

Konflikt – Grundsätzliches

Bauunternehmer, die sich vor diesen außergewöhnlichen Preissteigerungen zur Herstellung eines Werks verpflichtet und dabei keine vertraglichen Vorkehrungen getroffen haben, um die hierdurch drohenden Mehrkosten abzufedern, stehen angesichts der enorm angestiegenen Materialkosten teils vor großen finanziellen Schwierigkeiten. Im Gesetz lässt sich keine ausdrückliche Regelung für derartige Fälle finden, doch es gibt bereits verschiedene Ansätze zur Beurteilung, wann ein Bauunternehmer oder sonstiger Schuldner einer Leistung, (z. B. ein Warenlieferant) so schutzwürdig erscheint, dass eine Erhöhung seines Entgelts oder eine Auflösung des Vertrags berechtigt ist. Dabei ist jedoch besondere Vorsicht geboten, denn eine einseitige Vertragsanpassung oder gar -auflösung steht in einem starken Spannungsverhältnis zum sogenannten Pacta-sunt-servanda-Grundsatz, also jenem (allgemein anerkannten) Prinzip, nach welchem Verträge so zu erfüllen sind, wie sie abgeschlossen wurden. Hier geht es also nicht um die Auslegung einer einzelnen Gesetzesbestimmung, sondern um ganz Grundsätzliches.

Unerschwingliches Material

Ein Ansatz hat sich in der Rechtsprechung und Literatur unter dem Titel der „Unerschwinglichkeit“ entwickelt: Dabei wird zunächst vorausgesetzt, dass die Unerschwinglichkeit nicht vorhersehbar war. Ob Gerichte dies auch für die aktuelle Situation bejahen würden, ist fraglich. Außerdem wird gefordert, dass dem Bauunternehmer die Unerschwinglichkeit nicht vorwerfbar ist. Das wäre etwa dann der Fall, wenn sich der Bauunternehmer zum Zeitpunkt der zwischenzeitlich eingetretenen Unerschwinglichkeit bereits im Verzug mit seinen Leistungen befand oder die rechtzeitige Eindeckung mit Materialien verabsäumte.

Schließlich muss die Erschwerung der Leistung für den Bauunternehmer ein gewisses Maß überschreiten. Vor allem die ältere Rechtsprechung war diesbezüglich sehr streng und forderte die drohende „Vernichtung der eigenen wirtschaftlichen Existenz“ bzw. den „wirtschaftlichen Ruin“ des Schuldners. Jüngere Stimmen setzen weit niedrigere Maßstäbe an bzw. lehnen solche subjektiven Kategorien mit nachvollziehbaren Argumenten überhaupt ab. Schließlich würden dabei Unternehmen, die sich ohnehin am Rande der Insolvenz befinden, unsachgerecht bevorzugt werden.

Liegen die oben genannten Voraussetzungen vor, müsste der Schuldner von seiner Leistungspflicht befreit werden, wobei die genannten Grundsätze teils stark umstritten sind und nicht allein auf den Bausektor zugeschnitten wurden.

Fazit: Das Problem massiver Preisanstiege bei Baumaterialien ist nicht neu. Aus der bisherigen Praxis lassen sich jedoch sich nur gewisse (allgemeine) Leitlinien für die rechtlichen Folgen ableiten. Eine vorhersehbare Spruchpraxis im Bauwesen hat sich zu all dem noch nicht entwickelt. Unser Rat lautet daher: VORSICHT, wenn der Bauherr einer einvernehmlichen Erhöhung der Preise nicht zustimmt, kann eine einseitige Einstellung der Arbeiten zu weitreichenden Schadenersatzpflichten des Bauunternehmers führen, sollte ein Gericht doch zu dem Ergebnis kommen, dass von einer „Unerschwinglichkeit“ in diesem Fall nicht gesprochen werden kann.

Unsere Mitarbeiter stehen Ihnen telefonisch unter 0463 – 50 00 02 oder per E-Mail unter office@rechtdirekt.at zur Verfügung.

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