Beim Abschluss eines Kaufvertrages können die Parteien vereinbaren, dass eine Vorauszahlung erfolgen soll. Wird ein Teil des Kaufpreises dementsprechend vorausgezahlt, kann das der Vertragsbekräftigung und Sicherstellung der Erfüllung dienen oder eine bloße Anzahlung im Sinne einer Teilzahlung sein. Doch wo liegt der Unterschied zwischen Angeld und Anzahlung und welche Kriterien sind dabei von Relevanz?

Das Angeld im ABGB

Nach § 908 ABGB ist, was bei Abschließung eines Vertrags vorausgegeben wird, außer dem Fall einer besonderen Verabredung, nur als Zeichen der Abschließung oder als Sicherstellung für die Erfüllung des Vertrags zu betrachten und heißt Angeld. Das bestätigte auch der Oberste Gerichtshof (OGH) in einer kürzlich ergangenen Entscheidung. Wird der Vertrag durch Schuld einer Partei nicht erfüllt, kann die schuldlose Partei das von ihr empfangene Angeld behalten oder den doppelten Betrag des von ihr gegebenen Angeldes zurückfordern. Will sie sich aber damit nicht begnügen, kann sie die Erfüllung oder, wenn diese nicht mehr möglich ist, Ersatz begehren.

Konzept in die Jahre gekommen?

Dieses Konzept ist ein historisches, wonach das Angeld keiner besonderen Abrede bedarf, weil nur im Fall besonderer Vereinbarung anderes gelten soll. Eine widerlegbare Vermutung streitet daher für den Angeldcharakter. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang aber, dass die Bedeutung des Angeldes seit der Erlassung des ABGB geringer geworden ist. So bestätigte auch der OGH, dass heutzutage bei Vorauszahlung eines Teils des Kaufpreises vielfach anzunehmen sein wird, dass die Parteien damit nicht die Absicht der Vertragsbekräftigung und Sicherstellung der Erfüllung, sondern bloße Anzahlung ohne Rechtsfolgen des § 908 ABGB beabsichtigen. Die Höhe des voraus geleisteten Betrags kann nach Ansicht des Gerichtshofs beispielsweise gegen dessen Behandlung als Angeld sprechen.

Anzahlung oder Angeld?

Nach der Rechtsprechung ist das, was die Parteien selbst als „Anzahlung“ bezeichnen, im Zweifel nicht Angeld, sondern Teilzahlung. Eine solche Bezeichnung schließt für sich allein den Angeldcharakter aber noch nicht aus. Selbst die Verwendung des Begriffs „Anzahlung“ in Sachverhaltsfeststellungen spricht nicht dagegen, in rechtlicher Hinsicht von Angeld im Sinne des § 908 ABGB auszugehen, wenn der Begriff „Anzahlung“ nicht als Begriffsgegensatz zu Angeld verwendet wird, sondern bloß faktisch die Zahlung bezeichnet. Entscheidend ist am Ende die Frage, ob die Parteien Angeld oder bloß eine Anzahlung vereinbaren wollten (veröffentlicht in OGH 5 Ob 215/20h).

Fazit: Angeld ist nach § 908 ABGB, was bei Abschließung eines Vertrags vorausgegeben wird, außer dem Fall einer besonderen Verabredung. Dieses ist als Zeichen der Abschließung oder als Sicherstellung für die Erfüllung des Vertrags zu betrachten. Das Angeld hat heute aber an praktischer Bedeutung verloren und Vorauszahlungen sind oft als bloße Teilzahlungen gedacht. Letztlich kommt es aber darauf an, was die Parteien vereinbaren wollten – ob Angeld oder eine schlichte Anzahlung gemeint war, ist durch Vertragsauslegung im Einzelfall zu ermitteln, bei der wir Ihnen gerne zur Verfügung stehen.

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