Verbindlich zugesicherte Fertigstellungstermine sind bei sonstiger Schadenersatzpflicht einzuhalten. Eine einvernehmliche schlüssige Änderung vertraglich vereinbarter Fertigstellungstermine bedarf einer konkludenten übereinstimmenden Willenserklärung.

Zum Sachverhalt:

Die Klägerin ist Hotelbetreiberin. Sie schloss mit der beklagten Partei einen Vertrag bezüglich Bau- und Architektur des Hotels ab, in welchem auch genau festgelegt wurde, wann das Projekt fertiggestellt sein wollte. Da sich die beklagte Partei mit der Erfüllung im Verzug befand, entgingen der Klägerin Einnahmen für einen Zeitraum von 146 Tagen, da sie das Hotel nicht eröffnen konnte. Im berechtigten Vertrauen auf die Zusagen der beklagten Partei stellte sie zudem Mitarbeiter ein, welche mit der geplanten Hoteleröffnung ihre Arbeit aufnehmen hätten sollen. Der Klägerin entstanden daher zusätzlich frustrierte Gehaltskosten für diese Mitarbeiter. Sie machte einen Anspruch auf Ersatz dieses „Schadens“, der ihr aus der Nichteinhaltung des vertraglich zugesagten Fertigstellungstermins entstanden ist, geltend. Die beklagte Partei wandte ein, dass die Verzögerung der Fertigstellung des Hotels nicht von ihr, sondern von der Klägerin oder einer ihr zuzurechnenden Gesellschaft zu vertreten war. Eine von der Klägerin angeordnete Umplanung hat nämlich eine Vielzahl von Änderungen verursacht, weshalb sich der Planungsaufwand massiv erhöht hat. Außerdem stimmt die Berechnung des Gewinnentgangs durch die Klägerin nach Ansicht der beklagten Partei nicht. Die Angelegenheit wurde im weiteren Verlauf dem OGH zur Beurteilung vorgelegt.

Rechtliche Beurteilung:

Der Schuldner hat nach § 918 ABGB auch den nicht verschuldeten Verzug zu vertreten, wenn das Leistungsversprechen bezüglich der rechtzeitigen Leistung sorgfaltswidrig abgegeben wurde. Daher haftet er auch dann, wenn er bei Abgabe des Versprechens wusste oder wissen musste, dass er nicht rechtzeitig werde leisten können. Der OGH hat in seiner früheren Rechtsprechung auch in Fällen anfänglicher Unmöglichkeit die Nichteinhaltung der zugesagten Lieferzeit als Verschulden anrechnet, wenn dem Schuldner nur die Abgabe des Versprechens vorgeworfen werden kann.

Im vorliegenden Fall wurde der Nichterfüllungsschaden begehrt. Darunter ist der Nachteil zu verstehen, den der Gläubiger dadurch erfährt, dass seine Forderung entweder überhaupt nicht, nicht zur gehörigen Zeit, nicht am gehörigen Ort oder gegen die bedungene Weise erfüllt wird. Er umfasst alles, was der Gläubiger hätte, wenn ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. Der Gläubiger ist also so zu stellen, wie er stünde, wenn ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. Neben dem positiven Schaden wird auch der entgangene Gewinn erfasst. Der Nichterfüllungsschaden kann jedoch nicht ohne weiteres mit den betriebswirtschaftlichen Begriffen „Ertrag“ oder „Gewinn“ gleichgesetzt werden. Insbesondere ist zu beachten, dass der „Gewinn“ im juristischen Sinn im Schadenersatzrecht neben dem Ersatz des positiven Schadens gebühren kann.

Für den Anspruch auf Verdienstentgang im Rahmen des Ersatzes des Nichterfüllungsschadens ist nicht entscheidend, ob ein Unternehmen Gewinne macht oder nicht. Vielmehr ist auch zu berücksichtigen, wenn dem Unternehmen Einnahmen entgangen sind, die zur Deckung der Fixkosten hätten herangezogen werden können. Eine Lohnfortzahlung aufgrund eines verursachten Betriebsstillstands oder einer verzögerten Betriebseröffnung kann grundsätzlich ersatzfähigen frustrierten Aufwand darstellen. Dies gilt aber nur dann, wenn diese Kosten nicht ohnedies durch Zuspruch von Verdienstentgang abgegolten werden.

Der bloße Zuspruch von „Gewinn“ deckt frustrierte Personalkosten jedoch nicht ab, weil diese bei ordnungsgemäßem Hotelbetrieb ganz oder zumindest zum Teil durch die Umsatzerlöse hätten hereingebracht werden können. Zu beachten ist auch, dass die Kombination von Ersatz frustrierten Aufwands und entgangenem Gewinn nicht zur Bereicherung des Geschädigten führen darf. Das würde dem Zweck des Schadenersatzrechts zuwiderlaufen. Aus diesem Grund kommt es nicht in Betracht, der Klägerin zusätzlich zum entgangenen Gewinn für 146 Tage Vollbetrieb auch die gesamten „frustrierten“ Personalkosten für die 146 Tage bis zur verzögerten Eröffnung des Hotels zuzusprechen.

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin während der 146 Tage Verzögerung Personal beschäftigt. Zum teilweisen Ausgleich dieser Kosten hat die Klägerin Anspruch auf Ersatz jener (fiktiven) Erträge, die bei rechtzeitiger Fertigstellung für die Deckung der variablen Personalkosten hätten aufgewendet werden müssen. Das Erstgericht wies allerdings darauf hin, dass diese Mitarbeiter teilweise zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Hotel auf ihre künftigen Aufgaben eingeschult wurden und nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Klägerin alle Mitarbeiter ohne den Verzug erst am Tag der tatsächlichen Hoteleröffnung eingestellt hätte. Damit wären die Personalkosten zumindest teilweise auch bei rechtzeitiger Fertigstellung angefallen.

Geht man von der rechtzeitigen Fertigstellung des Hotels (hypothetischer Kausalverlauf) aus, so ist eine genaue Klärung, welche Mitarbeiter wann eingestellt worden wären, nur mit erheblichem Aufwand möglich. Im Ergebnis wurde dem Verzug der beklagten Partei daher lediglich die Hälfte des angeführten Personalaufwands der klagenden Partei angelastet (veröffentlicht in OGH 6 Ob 47/20k).

Fazit: Wird vertraglich festgelegt, wann ein Projekt fertiggestellt werden soll, so ist jede spätere oder ungenügende Erfüllung als Verzug anzusehen. Der Nichterfüllungsschaden umfasst alles, was der Gläubiger hätte, wenn ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. Der Gläubiger ist also so zu stellen, wie er stünde, wenn ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. Sind neben Verdienstentgang auch frustrierte Personalkosten entstanden, so ist auch der hypothetische Kausalverlauf zu beachten. Es lohnt sich in jedem Fall, rechtsanwaltlichen Rat einzuholen, um im Schadensfall die Berechnung der tatsächlich zustehenden Schadenersatzbeträge unter Berücksichtigung der dazu ergangenen Rechtsprechung richtig vornehmen zu können.

Gerne beraten wir Sie in diesem Zusammenhang! Unsere Mitarbeiter stehen Ihnen telefonisch unter 0463 – 50 00 02 oder per E-Mail unter office@rechtdirekt.at zur Verfügung.

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