Die Errichtung einer letztwilligen Verfügung steht grundsätzlich jedem frei. Man kann darin in widerruflicher Form über sein Vermögen auf den Todesfall verfügen. Liegt nach dem Ableben einer Person kein Testament vor, so tritt gesetzliche Erbfolge ein, wonach die nächsten Angehörigen des Verstorbenen (Ehegatte und Nachkommen) zur Erbschaft berufen werden. Selbstverständlich dürfen diese nicht nachträglich ein Testament „für“ den Erblasser erstellen, um sich selbst zu begünstigen. Doch liegt in einem solchen Fall Erbunwürdigkeit vor? Wie verhält es sich, wenn der Fehler eingesehen und Selbstanzeige erhoben wird? Hat ein reumütiger Testamentsfälscher noch eine Chance auf das Erbe?

Seit dem Inkrafttreten der großen Erbrechtsnovelle 2017 wurde noch kein solcher Fall vom Höchstgericht entschieden, doch nun befasste sich der Oberste Gerichtshof (OGH) mit den genannten Fragen, die sich in einem Spannungsfeld zwischen Erb- und Strafrecht befinden. Der Gerichtshof stellte noch nicht gleich Erbunwürdigkeit fest und öffnete, unter gewissen Voraussetzungen, doch noch eine zweite Chance zu erben.

Schwerer Betrug – aber nur versucht?

Zunächst stellte der OGH klar, dass jemand, der ein selbst geschriebenes und damit gefälschtes Testament dem Gerichtskommissär übergibt, einen schweren Betrug versucht, wenn damit spätestens der Verlassenschaftsrichter getäuscht und andere Erben um ihre Erbschaft gebracht werden sollten. Bei rechtzeitiger freiwilliger Selbstanzeige liegt ein freiwilliger Rücktritt vom Versuch vor, der im Strafrecht mit Straffreiheit belohnt wird. Ob ein solch positiver Sinneswandel auch im Erbrecht gewürdigt wird, hatte der OGH zu entscheiden.

„Belohnung“ auch im Erbrecht?

Dieser stellte erneut klar, dass Erbunwürdigkeit vorliegt, wenn jemand versucht, die Verwirklichung des wahren Willens des Erblassers zu vereiteln. Das gilt unabhängig davon, aus welchem Grund diese Tat erfolgt. Ein strafbefreiender Rücktritt von einer versuchten Straftat, mit welcher der Wille eines Erblassers vereitelt werden sollte, steht nach Ansicht des Höchstgerichts jedoch der Erbunwürdigkeit entgegen. Der OGH würdigte also den positiven und vor allem rechtzeitigen Sinneswandel auch in erbrechtlicher Hinsicht. Allerdings muss stets im Einzelfall geklärt werden, ob der Rücktritt unter Einbeziehung aller Umstände des Einzelfalls wirklich freiwillig erfolgte oder vom verwerflichen Plan nur aus Angst, erwischt zu werden, Abstand genommen wurde. Für den Fall, dass der Rücktritt aus rein „autonomen Motiven“ erfolgte, besteht noch eine Chance auf den gesetzlichen Erbteil. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang noch ein anderes Delikt, nämlich die Urkundenfälschung, welche ohne Folge für den Erbgang bei einer solchen Tat bereits vollendet wurde (veröffentlicht in OGH 2 Ob 174/20g).

Fazit: Bei Fälschung eines Testaments liegt aus strafrechtlicher Sicht jedenfalls vollendete Urkundenfälschung und zunächst auch versuchter schwerer Betrug vor. Bei freiwilligem und rechtzeitigem Rücktritt vom Versuch kann noch Straffreiheit erreicht werden. Im Erbrecht spricht man von Erbunwürdigkeit, wenn jemand versucht, den letzten Willen eines Erblassers zu vereiteln. Das gilt ganz unabhängig von den Beweggründen des Testamentsfälschers. Der OGH hat nun festgestellt, dass ein Rücktritt vom Versuch auch im Erbrecht „belohnt“ werden soll, sofern dieser tatsächlich freiwillig erfolgt ist. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls miteinzubeziehen. Wenden Sie sich bei Fragen im Spannungsfeld zwischen Erb- und Strafrecht gerne an uns.

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